MUSEUM ULM
Protest! gestalten: Von Otl Aicher bis heute
Zum 100. Geburtstag von Otl Aicher (1922-1991), einem der einflussreichsten Kommunikationsdesigner des 20. Jahrhunderts, zeigte das Museum Ulm eine Ausstellung, welche die Gestaltung von Widerstand und Protest in der internationalen Gegenwartskultur zum Thema macht.
Arm Ukraine Now
Protest und ziviler Ungehorsam waren starke Charakterzüge des politischen Menschen Otl Aicher. Bereits als Jugendlicher entwickelte er eine widerständige Haltung, zunächst gegen die Vereinnahmung durch das nationalsozialistische Unrechtsregime. Später entfaltete sich seine Opposition zu einem öffentlichen Bekenntnis. Sie war prägend für sein gestalterisches Werk.
In Anknüpfung an die Anliegen Otl Aichers und die großen Protest-Bewegungen der jüngeren Vergangenheit zeigte die Ausstellung Werke und Werkserien von internationalen Künstler*innen und Grafiker*innen. In Malerei, Zeichnung, Bildmontagen, Plakat- und Flugblattkampagnen, Leuchtreklamen, Anzeigentafeln, Billboards, Videos und Animationen befassen sie sich mit Slogans, Symbolen, Gesten und Signalen von Widerstand, Aufklärung und Protest zu den Themen Umwelt, Frieden, Demokratie, Konsum, Gesundheit, Menschenrechte, Gleichberechtigung und Diversität.
Curatorial Statement
Arm Ukraine Now (09/2022)
Unser Ansehen in Europa schwindet, die vertagten und zögerlichen Entscheidungen Deutschlands ziehen fatale Folgen mit sich und vor allem die Art, wie diese Entscheidungen gerechtfertigt werden, sind eine kommunikative Katastrophe.
Mein Protestplakat vermittelt seine Aussage deutlicher als es Kanzler Scholz jemals würde: Arm Ukraine Now.
Das Werk beträgt in Originalgröße die Maße 594 cm x 841 cm (A1) und wurde auf umweltfreundlichem 140g Offsetpapier gedruckt.
Die Aussage wurde so prägnant wie möglich dargestellt. Jedes der drei Schlagwörter erhielt sein eigenes Motiv.
Nach der Terminologie von Charles S. Peirce dient das Wort »Arm« gleichzeitig als Verb (to arm (eng.) – bewaffnen) sowie als Nomen (der Arm). So wird »Arm« als Icon in Form eines menschlichen Armes, aber gleichzeitig als Symbol, der Fingergeste dargestellt.
Das zweite Schlagwort der Forderung »Ukraine«, beinhaltet zugleich die Hauptthematik, den Ukraine-Krieg und wird so entschlüsselt wie möglich, also typografisch aufgeführt.
Das dritte Schlagwort »Now« ist ein klassisches Beispiel für ein Icon, das nach Peirce nicht bildlich dargestellt werden kann: ein Adverb. Gelöst wird dies in Darstellung eines Symbols in Form einer weiteren Fingergeste.
Die Farbgebung beruht wahrnehmungspsychologisch auf der Farbkombination Schwarz-Gelb, die eine bestmögliche Aufnahme der zu vermittelnden Botschaft gewährleistet.
Abstand, Anordnung und Größe der Motive sind aufeinander abgestimmt.
Die Abrundung erfolgt unaufdringlich mit der Aufführung dessen Aussage »Arm Ukraine Now«, zentral platziert im Plakat.
Typografisch wurde die Schriftart »Europa Grotesk« aufgrund dessen Prägnanz, sowie dessen Name gewählt. Europa – der Adressat des Plakates.